Johann Christoph Hampe

Sterben ist doch ganz anders (9. Aufl.1982)

Amazon: Sterben ist doch ganz anders. Erfahrungen mit dem eigenen Tod.alt

Der evangelisch-lutherische Theologe Johann Christoph Hampe veröffentlichte sein Buch ‚Sterben ist doch ganz anders’ 1975, also etwa zeitgleich mit Moodys ‚Life after life’ und unbeeinflusst von diesemEs ist daher spannend zu untersuchen, inwieweit seine Beschreibung der NTE-Phänomene mit Moody übereinstimmt. Würde etwa Knoblauchs These von einer starken kulturellen Prägung der Erlebnisse zutreffen, sollte sich dies auch in Unterschieden zweier unabhängig voneinander durchgeführten Darstellungen des Phänomens zeigen.

Hampe bezieht seine Beispiele nicht nur aus Deutschland, sondern auch aus der Schweiz, aus Dänemark, Schweden und Russland. Ähnlich wie Moody beschreibt er verschiedene Elemente des „Sterbeerlebnisses“. Vier Aspekte hebt er besonders hervor: Den „Ich-Austritt“ (d.h. die außerkörperliche Erfahrung), das Lebenspanorama, die „Ich-Ausweitung“ (im Licht-Erleben) und die Rückkehr.

Gewiss ist Moodys Darstellung differenzierter. Aber es fällt schwer, nennenswerte Unterschiede in der Beschreibung des Phänomens zu erkennen. Auch die Unbeschreiblichkeit des Erlebens, der Tunnel, die nachträgliche Bestätigung außersinnlicher Wahrnehmungen und die Auswirkung auf das weitere Leben (vor allem der Verlust der Angst vor dem Tod) tauchen auf.

Wenn Hampe schreibt „Das Lichterleben im Sterben ist eine heute verschüttete uralte Menschheitserfahrung“, sieht er NTE als universelle Erfahrungen. Belege für seine These findet er im Tibetanischen Totenbuch, in den Visionen der Mystiker und in der „Meditationspraxis des Ostens“.
Hampe setzt sich mit der Frage auseinander, was NTE für unsere Einstellung zu Sterben und Tod bedeuten. Er nimmt kritisch Stellung zu christlichen Traditionen, die uns Schreckensbilder des Todes hinterlassen haben. Auch in der modernen Theologie sieht er den Tod ausschließlich negativ besetzt. Das liege daran, dass „die Zäsur des Todes“ überscharf betont werde. Man  „erweckt die Vorstellung, der Mensch liege, vernichtet an Leib und Seele...im Raum des Todes, der Gottferne, bis an einen jüngsten Tag, an dem Christus den einzelnen wie die ganze Menschheit an Leib und Seele wieder zu neuem menschlichen Leben zusammensetzt.“119
Hampes tiefschürfende Analyse unserer Angst vor dem Tod legt den Gedanken nahe, dass gerade diese ausschließlich negative Sicht des Todes den Umgang mit Tod und Sterben so schwer macht. Nicht nur die Ärzte sehen den Tod als ihren Feind, auch die Seelsorger haben ihr Probleme mit ihm. Wenn sie nicht weiter wissen, setzen sie „meist verlegen und erschreckt, eine liturgische Maske auf“(146). „Mit den meisten Worten, die wir am Sterbebett sagen, gestehen wir unsere Hilflosigkeit ein.“ 147